All die Jahre nicht zu erinnern, wie einfach man mit allem verbunden sein kann, einfach durch zuhören
David Whyte, The Winter of Listening
Visionssuche Übergangsritual Programm
Wer bin ich geworden?
Was mag ich würdigen und loslassen?
Wer sind meine Gefährt:innen?
Was sind meine Gaben?
Was ruft mich?
… wühlen diese Fragen deinen Magen auf? Erwecken sie deine Sehnsucht, den Nektar deines Lebens zu kosten?
Eine Visionssuche, oder auch Visionsfasten, ist die moderne Version eines uralten pan-kulturellen wildnisbasierten Übergangsrituals. Es dienst dem Zweck, Menschen bei Lebensübergängen – wie dem Erwachsenwerden, in der Mitte des eigene Leben zu stehen, oder den Kreis den Älteren beizutreten – zu begleiten. Die Zeremonie würdigt diese Übergänge. Die Kraft, die der Transformation innewohnt, wird dabei frei und kann im Dienste der Menschen und des Lebens wirken.
Während einer Visionssuche lassen Teilnehmende los, was ihnen nicht mehr dient, und verkörpert, wer sie bereits geworden sind. Es ist eine Praxis, durch die wir das Ende einer Lebensphase sowie einen neuen Beginn markieren. Ihrem Wesen nach üben wir in einer Visionssuche das Sterben, um anschließend in ein Leben, dass wir unseren eigenen nennen können, wiedergeboren zu werden.
Mögliche Gründe für eine Visionssuche:
- Ich möchte mich für einen Übergang in einen neuen Lebensabschnitt bereit machen (z.B. Berufswechsel, Sabbatical, uws.).
- Ich nehme eine neue Rolle ein: als erwachsene Frau, erwachsener Mann, Mama/Papa, Frau nach den Wechseljahren, Ruhestand, usw.
- Ich sehne mich nach Veränderung.
- Ich möchte Kraft schöpfen, nach einer Phase des Ausgebrannt seins.
- Ich habe einen Schicksalsschlag erlitten und möchte damit umgehen lernen.
- Es gibt wichtige Beziehungen in meinem Leben, die es zu klären gilt.
- Ich wünsche mir Zeit, zu trauern.
- Ich möchte mein eigenes Leben feiern und würdigen.
- Ich suche nach Sinn bzw. möchte in der Gemeinschaft, in der ich lebe, Sinn stiften.
Was passiert bei unserer Visionssuche?
Bei einer Visionssuche verbringst du allein Zeit in der Natur, gleichzeitig bist du in eine Gruppe mit anderen Teilnehmenden, die ähnliche und zugleich unterschiedliche tiefgreifende, verletzliche Transformationen erleben, eingebette. Die Leiter:innen halten einen Raum, in dem du erfahren und verkörpern kannst, wer du gerade wirst.
Der Hauptteil der Visionssuche dauert 10-12 Tagen: 3-4 Tage Vorbereitung, 4 Tage und Nächte Schwellenzeit – alleine, fastend an einem Ort in der wilden Natur -, und 3-4 Tage Integration.
1. Vorbereitung
Während du von deinem Alltag abschied nimmst, lässt du hinter dir, was dir nicht mehr dient. Als Leiter:innen unterstützen wir dich, zu erkennen und ausdrücken, welchen Lebensübergang du gerade markierst und welche Bedeutung er in deinem Leben hat. Wir bereiten dich darauf vor, auf physischer, emotionaler und seelischer Ebene zu fasten. Wir führen dich ins Vier-Schilder-Modell der menschliche Entwicklung ein, das dir bei der Navigation deines ganzheitlichen Übergangs als Art Landkarte unterstützen kann. Und wir unterstützen dich dabei, dir eigene Rituale zu gestalten, die dir dabei helfen, das, was dir nicht mehr dient, loszulassen und deinem Lebenszweck auf die Spur zu kommen.
.
2. Schwellenzeit
Du verbringst 4 Tage und 4 Nächte fastend und allein in der Wildnis, und nur mit der allernötigsten Ausrüstung. Die Leiter:innen sind in deiner Nähe in einem Base-Camp, gewährleisten deine Sicherheit und unterstützen dich bei Bedarf. Ein Teilnehmende ist in Fußnähe und ihr gebt euch regelmäßig ein Lebenszeichen.
In der Einsamkeit entfaltet sich deine Vorstellungskraft, und es kehren Erinnerungen zu dir zurück. Die wilde Landschaft bietet dir einen Spiegel, der dich inspiriert und herausfordert. Während du dich dem, was Präsent ist, hingibst, vermittelt dir die Natur in Form von Symbolen, Bildern, Begegnungen, Lieder und Geschichten Botschaften, die zu deiner Essenz und den Fragen, die du mitbringst, sprechen. Während du das, was dir nicht mehr dient, abwäscht, löst sich dein Ich auf und formt sich neu.
.
3. Integration
Nach 4 Tagen kommst du zurück und wirst mit einem Festmahl willkommen geheißen. Wir teilen Geschichten im Kreis und bekräftigen, wer du geworden bist. Die Leiter:innen hören zu, helfen dir zu verstehen, und fordern dich heraus, deine innere Erfahrung für dich zu übersetzen und so zu verankern, so dass du die Geschenken, die du bekommen hast, in deinen jeweiligen Lebenskontexte bringen kannst.
Nach diesen vier Tagen ist die Integration der Visionssuche allerdings meist nicht abgeschlossen, sondern sie arbeitet etwa ein Jahr lang nach. Für eine gute Nachbearbeitung nach der Visionssuche wirst du zu einem Online Treffen eingeladen werden. Außerdem kannst du an regelmäßigen Schwellengängen teilnehmen, und du kannst 1 zu 1 Begleitung anfragen, um die Verkörperung deiner Erfahrung zu unterstützen.
.
… to be human is to become visible while carrying what is hidden as a gift to others.
David Whyte
Was ist eine Visionssuche?
Eine Visionssuche ist ein Übergangsritual, das dazu dient, einen Lebensübergang zu markieren und zu würdigen. Der zentrale Teil besteht aus 3-4 Tagen und Nächte, die man alleine in der Wildnis verbringt. Das ist eine Zeit des Seins, nicht des Tuns.
Wenn die Zeit reif ist, hört eine Raupe auf zu tun, was sie ihr ganzes Leben gemacht hat, findet einen geeigneten Ort und zieht sich in ihren Kokon zurück. Im Schutz des Kokons findet eine komplette Transformation ihrer Organe und Fähigkeiten statt. Die Raupe hat keine Ahnung, dass sie die Fähigkeit entwickeln wird, zu fliegen. Sie weiss nur, dass sie gerade all das, was sie bisher war und kannte, hinter sich lässt.
In einer ähnlichen Art und Weise lassen Teilnehmende einer Visionssuche Identitäten, Rollen, Gewohnheiten, und Glaubenssätze los, die nicht mehr dienlich sind, und üben sich darin, in der Ungewissheit zu sein und der eigenen Entwicklung zu vertrauen.
Teilnehmende einer Visionssuche fühlen sich „gerufen“, mit der Landschaft in Kontakt zu gehen und an einen Ort in der Natur zu gehen, der ihnen halt gibt und sie transformieren wird. Die Natur wirkt wie eine Waage, die uns in unserer Verzweiflung, unserem Nichtwissen, in unserer kindlichen Verspieltheit, Neugierde und Unschuld, als auch in unserer Klarheit und tiefen Weisheit hält. Die Landschaft setzt uns dem Mysterium des Lebens und Todes aus. Es erinnert uns an unser Geburtsrecht, diesem lebendigen Planeten anzugehören.
Ein Übergangsritual ist ein Ritual, das von einer Gruppe Menschen durchgeführt wird, um ein Lebensübergang zu markieren und zu verkörpern. Ein Ritual ist ein Brauch: ein Prozess, der individuell oder kollektiv gemacht werden kann. Er hat eine klare Intention, einen Beginn, einen Mitelteil, und ein Ende.
Oft passieren in westlichen Kulturen Lebensübergänge – zum Beispiel, wenn ein Mädchen ihre erste Periode bekommt, ein Jugendlicher von zu Hause ausziehtn, zwei Menschen sich scheiden lassen oder ein Mensch stirbt. – ohne dass die Änderung innerhalb einer wohlwollenden Gemeinschaft gewürdigt wird. Das würde uns allerdings dabei helfen, die Folgen der Veränderung auf sinnstiftende Weise in unser Leben zu übersetzen.
In Gesellschaften, wo Menschen ein Teil einer gesunden Gemeinschaft sind, wird jeder Lebensübergang eines Mitglieds durch unterschiedliche Übergangsrituale gefeiert und unterstützt. Ein Beispiel: Wenn ein Mädchen oder ein Jungen bereit ist, wird er oder sie, begleitet von den Ältesten, aus dem Dorf geschickt. Der junge Mensch geht durch eine Probe und kehrt schließlich als Frau oder als Mann zurück und ist nun bereit eine neue Rolle im Leben des Dorfen einzunehmen.
Die Visionssuche ist ein modernes Übergangsritual, das in den 80er-Jahren dank der Hilfe von Menschen wie Steven Foster und Meredith Little, Gründer von der School of Lost Borders, in die westliche Welt zurückgebracht wurde.
Während Steven und Meredith für eine Selbstmord-Hotline gearbeitet haben, erkannten sie, dass die Merheit der Menschennicht nicht anrief, weil sie in einem physischen Sinne sterben wollten, sondern weil sie einen Teil von ihnen sterben lassen wollten. Sie begannen, Jugendliche bei ihrem Übergang ins Erwachsenenalter zu begleiten und zu forschen, wie in indigenen Völker überall auf der Welt Übergänge begleitet werden. Mit der Zeit identifizierten die “Nackte Knochen” – die Kernelemente, die die Mehrheit von Übergangsrituale teilten, und entwickelten daraus die aktuelle Form des modernen Übergangsrituals, das wir Visionssuche nennen.